Informationen und Meinungen zur Kreispolitik im HSK

Wenn Behörden ganz besonders schnell arbeiten …

By admin at 11:19 pm on Sunday, December 8, 2019

… dann ist das verdächtig.

Das gilt auch im Falle einer bei Brilon-Petersborn geplanten Siedlung. Dort sollen 21 Häuser mit je 5 Betten und ein Hotel mit 60 weiteren Betten errichtet werden, außerdem ein Hotel mit etwa 60 Betten, außerdem eine Gastronomie mit fast 300 Plätzen. Ein Haus mit 102 qm Wohnfläche soll für die Käufer etwa 350.000 Euro kosten. Die Fläche gehört bisher der Stadt Brilon. Die Konditionen hinsichtlich des Kaufs sorgten bei Nachbarn, nachdem einer bei der Stadtverwaltung einen Vertragsauszug angefordert hatte, für großes Erstaunen. Auf einer Einwohnerversammlung wurde u.a. vorgetragen, dass der Grundstückskaufpreis erst nach Eintritt diverser Voraussetzungen zu zahlen ist.
http://www.gut-petershagen.de/

Nachdem der Rat der Stadt Brilon bereits einen Beschluss über einen Bebauungsplan für dieses Projekt gefasst hatte, untersuchte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) die etwa 6 1/2 ha große Fläche. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um ein sehr wertvolles Biotop handelt. Etwa 90% der Fläche bestehen aus Magerrasen, Borstgraswiesen, Auenwald und Quellgebieten. Solche Biotope sind nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz gesetzlich geschützt.
https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/__30.html
Auf ihnen darf normalerweise nicht gebaut werden. Unter ganz besonderen Umständen kann eine Ausnahmeregelung beantragt werden; dann aber muss das Biotop in der Nähe und gleichwertig ersetzt werden, sowohl hinsichtlich der Größe als auch der Beschaffenheit als auch des Untergrundes.

Mit einer derartigen Ausnahmeregelung müssen sich u.a. der auf Kreisebene bestehende Naturschutzbeirat und die Naturschutzbehörde in der Kreisverwaltung befassen. Letztendlich entscheidet die Bezirksregierung. Die Bedingungen für eine Ausnahme wurden bereits in der Sitzung des Naturschutzbeirates am 24. September erörtert.

Und nun ging es auf einmal ganz schnell. Der Investor reichte zwar erst etwa 5 Monate nach der Untersuchung durch das LANUV zwei Gutachten bei der Briloner Stadtverwaltung ein. Der Stadtverwaltung gelang es dann tatsächlich, innerhalb von weniger als einem Tag die beiden Gutachten auszuwerten und einen Antrag an die Kreisverwaltung auf Gewährung einer Ausnahmeregelung zu stellen. Dieselbe Stadtverwaltung benötigte übrigens in diesem Jahr 5 1/2 Monate, um einen Bescheid zu einem ihr vollständig vorliegenden Wohngeldantrag einer Rentnerin zu erstellen… Ob die besonders schnelle Bearbeitung damit zusammenhängt, dass der Investor ein Mitglied des Briloner CDU-Vorstandes ist??

AntragAusnahme-20191127

Auch die Kreisverwaltung des HSK entwickelte in diesem Fall eine atemberaubende Geschwindigkeit. Sie benötigte ebenfalls weniger als einen Tag, um die Sitzungsvorlage 9/1370 für den Naturschutzbeirat zu erstellen, mit der Beschlussempfehlung: “Der Naturschutzbeirat nimmt die Vorlage der Verwaltung zur Kenntnis. Er stimmt der Erteilung einer Ausnahme vom gesetzlichen Biotopschutz für die Errichtung des Feriendorfes und des Hotels östlich „Am kahlen Hohl“ in Brilon Gudenhagen zu.”
https://sdoffice.hochsauerlandkreis.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZfC66x4C7c9W8gsvveNBRCRvx-9EQSXBtJ054a1lkw5H/Vorlage_9-1370.pdf
Trotz der Eile ging die Vorlage zwar mehrere Tage zu spät für die Sitzung am 5. Dezember beim Naturschutzbeirat ein, aber der Punkt stand selbstverständlich trotzdem auf der Tagesordnung. Was dazu führte, dass aus dem Beirat nachgefragt wurde, wieso die Bearbeitung anderer Anträge in der Kreisverwaltung ein halbes Jahr dauern würde…

Wie wurde die Ausnahme begründet? Auf etwa 40% des Grundstücks soll der Oberboden komplett entnommen werden, in Form von Soden. Die sollen dann auf einem etwa 2 km entfernten anderen Grundstück, das teilweise bereits dem Investor gehört, ausgelegt werden. Für diese “Sodenverpflanzung” sollen angeblich laut Sitzungsvorlage “gute Erfahrungen (bestehen), so dass von einem Erfolg der Ausgleichsmaßnahme ausgegangen werden kann.” Die restlichen 60% sollen durch den Bau nicht beeinträchtigt werden…

Doch in der Sitzung stellte sich das wesentlich anders dar. Sogar die Untere Naturschutzbehörde des HSK musste einräumen, dass es mit dem Verfahren der Sodenverpflanzung nur wenige positive Erfahrungen gibt. Im Zusammenhang mit dem Bau eines Deiches hat sie funktioniert, in anderen Fällen nicht.
Folglich gab es bei der Mehrheit der Mitglieder des Naturschutzbeirats erhebliche Bedenken. Es wurde u.a. darauf hingewiesen, dass das vorgesehen Verfahren mit erheblichen Risiken verbunden ist. “Wertvollste Flächen” sollten nicht für so ein Projekt “geopfert” werden.

Als die zuständige Abteilungsleiterin der Kreisverwaltung merkte, wohin die Tendenz ging, brachte sie einen neuen Beschlussvorschlag ein. Eigentlich haben die Mitarbeiter der Kreisverwaltung in den Gremien zwar kein Antragsrecht, aber in so einem besonderen Fall…Offensichtlich sollte das zu erwartende negative Votum verhindert werden, in dem der NB nun beschließen sollte, er die Vorlage “zur Kenntnis nimmt” und “empfiehlt, die in der Diskussion gegebenen Anregungen und kritischen Anmerkungen mit der Bezirksregierung zu besprechen.” Unverbindlicher geht es kaum!

Dies nützte aber nichts. Der Naturschutzbeirat stimmte über die ursprüngliche Vorlage ab und lehnte es mit Mehrheit ab, seine Zustimmung zur beantragten Ausnahmeregelung zu geben.

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