… Schulentwicklung im HSK
Zur Diskussion über das Thema „Zukunft der Schulen im ländlichen Raum“ am 27.05.2011 im Kreishaus in Meschede waren u.a. Landesschulministerin Löhrmann und die SPD-Bildungsexpertin Stotz MdL sowie der Bildungsforscher Rösner gekommen.
Die Veranstaltung war mehr als 150 TeilnermerInnen gut besucht (u.a. von vielen Lehrerinnen und Lehrern aus verschiedenen Orten im HSK). Dem Moderator Dr. Karsten Rudolph, SPD-Unterbezirksvorsitzender, gelang es, das kontroverse Thema mit einem Schuss Heiterkeit „rüber zu bringen“.
Schulministerin Löhrmann sagte zu Beginn ihres einführenden Referats klipp und klar, durch die Vorgängerregierung seien 5 Jahre Schulpolitik verloren gegangen. Die gute Entwicklung der SchülerInnen solle im Mittelpunkt stehen. Das Wohl der Gesellschaft sei eng verbunden mit der Entwicklung der Bildung. Der Aufstieg der Kinder dürfe nicht weiter vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Die pädagogische Arbeit müsse zu den Kindern passen. Es dürfe nicht so sein, dass, was nicht passt, passend gemacht wird. Es müsse umgekehrt sein. Sie forderte eine andere Schulkultur und: „Über den Tellerrand gucken!“
Der Bildungsexperte Dr. Rösner wurde sehr konkret und erklärte, das Potential der Hauptschule sei erschöpft. In Meschede verlor die Hauptschule 21 % SchülerInnen, die Realschule 20 %, das Gymnasium 5 % und er fragte, wo hier die Verbundschulen mit gymnasialen Standards wären. Dr. Rösner sprach sich für eine Elternbefragung aus (genau das fordert ja die Sauerländer Bürgerliste (SBL) schon seit Jahren).
Die NRW-Landtagsabgeordnete und ehemalige stellvertretende Bürgermeisterin von Lippstadt, Marlies Stotz, malte düstere Zahlen an die fiktive Wand. Bis 2019 würden sich die Schülerzahlen im Hochsauerlandkreis um 26 % reduzieren. Das bedeute auch einen Druck auf die Wirtschaftsregion HSK. Unzureichende Bildung ziehe eine gigantischen Zahl Transferleistungen nach sich. Noch eine nachdenklich stimmende Aussage der MdL aus Lippstadt über die Schulentwicklung in NRW: „Über 11.000 Kinder fanden in diesem Jahr keinen Platz in der Gesamtschule.“
Frau Bartsch erläuterte in ihrer Funktion als Vertreterin der Stadt Meschede die Schullandschaft in der Kreisstadt. 4.500 Kinder besuchten in Meschede die Schulen. Die Stadt sei bestens auf die Demographie vorbereitet, auch Dank der Unterstützung von Dr. Rösner. Der Rat setze auf Bildung als oberste Priorität. Es seien Schulentwicklungspläne erarbeitet worden. Auf neue Situationen sei Meschede vorbereitet. Die Maßnahmen wären immer einstimmig und friedfertig im Rast beschlossen worden. Frau Bartsch stellte dann die Prognose-Zahlen im Vergleich zu den tatsächlichen Zahlen wie folgt vor:
Prognose Hauptschule: 104 SchülerInnen tatsächlich: 89 SchülerInnen
Prognose (städtische) Realschule: 94 tatsächlich: 102
Prognose (städtisches) Gymnasium 103 tatsächlich: 123
Es schloss sich eine Diskussionsrunde mit zahlreichen Wortmeldungen verschiedener Lehrerinnen und Lehrer an.
Der Lehrer eines Arnsberger Berufskollegs brachte zuzüglich zum Thema Inklusion noch einen weiteren Aspekt ins Gespräch ein. Er vermisse Sozialarbeiter und Psychologen an den Schulen. Vor langer Zeit wäre ein entsprechender Antrag im HSK-Schulausschuss gestellt worden. Doch Sozialarbeiter würden vom Land nicht bezahlt.
Ein anderer Diskussionsteilnehmer fragte kritisch nach, warum man in NRW das viergliedrige Schulsystem eingeführt habe und es nicht bei der Dreigliedrigkeit belassen habe, wobei er mit „Vier“ nicht etwa die Förderschule, sondern die Gesamtschule meinte. Die Schulministerin wies in ihrer Antwort darauf hin, dass die Gesamtschule keine eigene Schulform darstelle, sondern die anderen 3 Schulformen zusammenfasse. Zwei Drittel der Abiturienten an den Gesamtschulen (mit Zentralabitur, wie in den Gymnasien!) hätten von der Grundschule keine Empfehlung für den Übergang zum Gymnasium gehabt.
Außerdem fand der Herr, ein Vergleich der Ministerin sei unangebracht, der Vergleich Deutschland – Finnland. Die Zahl der MigrantInnen wäre dort längst nicht so hoch wie in Deutschland.
Eine Lehrerin aus Arnsberg fragte, wieso zukünftig alle Hauptschulen in Meschede katholische Hauptschulen sind. Wer keine katholische Schule besuchen wolle, müsse 10 km weiter fahren.
Ministerin Löhrmann sagte u.a. dazu, Finnland hätte eine andere Haltung. Dort sei jedes Kind willkommen. „Hoffnungslose Fälle können wir uns nicht leisten!“ Sie betonte, die Landesregierung wolle keine absolutistischen Ansätze. „Der Elternwille zählt!“. Die Kommunalpolitiker entscheiden!“ (Bemerkung der SBL: Wenn sie denn mal gefragt würden, die Eltern!)
Die Ministerin ging dann auf das Thema „Inklusion“ ein. Inklusion sei eine Jahrhunderaufgabe. Der Plan würde auf Landesebene ausgearbeitet. „Wir brauchen multiprofessionelle Teams!“
Dr. Rösner berichtete (für den der es nicht wusste) Erstaunliches. Nur drei Kreise in NRW hätten keine Gesamtschule. Zu denen gehören außer dem HSK Höxter und Olpe. Sinngemäß meinte Dr. Rösner, da nütze es wohl auch nicht, günstige Baugebiete auszuweisen. Eltern fragten attraktive Bildungsangebote nach. Wo die nicht vorhanden seien, gebe es keine Anreize für junge Familien. Bildung sei mittlerweile kein weicher, sondern ein harter Standortfaktor. Die NRW-Zahlen seien sehr bedrückend was den Übergang zu höherer Bildung betrifft. Des Weiteren machte Herrn Rösner an Beispielen deutlich, dass die Zukunft nicht in einer Verbundschule liegen könne. Dort wo sie eingerichtet wurden, stünden sie meist schon wieder vor dem Aus, wie z.B. in Langenberg. Da wünschten die Bürgermeister jetzt Gemeinschaftsschulen.
Das SBL-Kreistagsmitglied Reinhard Loos erinnerte daran, dass SPD und Grüne im Kreistag des HSK offenbar an einer gemeindeübergreifenden Schulplanung nicht sonderlich interessiert gewesen sind. Siehe:
http://sbl-fraktion.de/?s=gemeinschaftsschule
Eine Lehrerin aus Olsberg erwartet nicht, dass Eltern zu einer Infoveranstaltung kommen und fragte in die Runde: „Wie komme ich zu einem unverfälschten Meinungsbild der Eltern?“
Einer ihrer Berufskollegen aus Arnsberg geht davon aus, dass 12 % der SchülerInnen nicht ausbildungsfähig sind und fragte: „Was wird aus den Rückläufen?“ Er beklagte dann die Unfähigkeit der Schüler z.B. in Mathe und Deutsch.
Ein Realschullehrer aus Meschede ging auf die Übergangsquote zum Gymnasium ein. In Meschede liege sie bei 30 %, in größeren Städten bei 50 %.
Ein ehemaligen SPD-Kreistagsmitglied reagierte auf die Aussage des SBL-Kreistagsmitglieds mit der Bemerkung, er wolle sich vom HSK nicht vorschreiben lassen, was wir in der Stadt machen sollen. (Das hatte die SBL mit ihren Anträgen und Anfragen zur Schulentwicklung auch gar nicht beabsichtigt. Die SBL wünscht, wie Ministerin Löhrmann und Dr. Rösner, eine Elternbefragung und zwar für den gesamten Hochsauerlandkreis, und die Verpflichtung der Städte und Gemeinden zur gemeinsamen Planung! Der Kreis als Koordinator, nicht als „Vorschreiber“!)
Ein Lehrer aus Schmallenberg kam auf „Demographie“ zu sprechen. Es schmecke ihm nicht, dass die Demographie über Eingliedrigkeit oder Dreigliedrigkeit entscheide. Warum sollte Schmallenberg ein Monstrum Gemeinschaftsschule einrichten, fragte er.
MdL Stotz gab zu Bedenken, jedes Jahr verließen in Deutschland über 600.000 Kinder die Schule ohne Abschluss. Unser System sei an Defiziten orientiert. „Wir gucken, was das Kind nicht kann. Wir organisieren zu früh die Bildungsläufe.“ Bis zu 40 % der Prognosen seien falsch.
Dr. Rösner ging noch einmal auf die Elternbefragungen ein. Die Stadt mache die Befragungen und kommuniziere sie. Der Fragebogen zur Gemeinschaftsschule stünde im Netz. Zu den „Rückläufern“ erwähnte Herr Rösner, die Sitzenbleiberquote liege bei höheren Übergangsquoten zu besseren Bildungsabschlüssen sogar niedriger. Also, je mehr Kindern bessere Bildungsabschlüssen ermöglicht werden, desto geringer ist die Sitzenbleiberquote. Er machte in die Schmallenberger Richtung auch deutlich, dass eine dreigliedrige Gemeinschaftsschule nicht monströser ist als ein Gymnasium.
Resümee: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Oder: Wer nicht bereit ist, in der Schulentwicklung neue Wege zu gehen verliert … Menschen!